Das Landgericht Hamburg hatte im Jahr 2000 entschieden,  dass ein privat liquidierender Arzt künftige Erstattungsansprüche eines Privatpatienten gegen dessen private Krankenversicherung ausnahmsweise dann pfänden kann, wenn die Zwangsvollstreckung in das sonstige bewegliche Vermögen des Patienten erfolglos geblieben ist. Ferner musste die Pfändung nach den konkreten Umständen des Einzelfalls der Billigkeit entsprechen. Dies sollte regelmäßig der Fall sein, wenn der Patient die Arztrechnung nicht bezahlt, obwohl seine Versicherung ihm den Betrag erstattet hat und außerdem bekannt ist, dass der Patient auch in anderen Fällen Arztrechnungen nicht bezahlt hat (Aktenzeichen 319 T 2/00).

Dem widersprach nun der BGH, indem das Gericht feststellte, dass die Pfändung der Ansprüche des Patienten auf Erstattung der Kosten für künftige ärztliche Behandlungsmaßnahmen gegen einen Krankenversicherer aufgrund von Billigkeitserwägungen nach § 850 b Abs. 2 ZPO nicht in Betracht kommt.

In dem vorliegenden Fall hatte ein Arzt die Zwangsvollstreckung gegen einen Patienten wegen einer nicht beglichenen Honorarforderung betrieben. Ziel des Arztes war es, die künftigen Ansprüche des Patienten gegen seine private Krankenkasse pfänden und sich überweisen zu lassen.

Das Gericht stellte fest, dass zu den unpfändbaren Bezügen im Sinne des § 850 b Abs. 1 Nr. 4 ZPO auch die einmaligen Ansprüche des Patienten gegen einen privaten Krankenversicherungsträger gehören, die auf Erstattung der Kosten für ärztliche Behandlungsmaßnahmen im Krankheitsfall gerichtet sind. Diese sind jedoch, entgegen den Feststellungen des Landgerichts Hamburg, nicht unter den Voraussetzungen des § 850 b Abs. 2 ZPO ausnahmsweise pfändbar. Zur Begründung führte der BGH an, dass die Pfändung künftiger Erstattungsansprüche nicht der Billigkeit entspreche. Sie gefährde den mit der künftigen Leistungsgewährung der Krankenkasse verfolgten Zweck, es dem Patienten zu ermöglichen, im Krankheitsfall ärztliche Behandlung in Anspruch zu nehmen. Anderenfalls wäre der Patient gehalten, vor ärztlicher Behandlung zu offenbaren, dass die Bezahlung nach seinen Vermögensverhältnissen nicht gewährleistet sei. Dem Interesse der Patienten, künftig medizinische Versorgung in Anspruch nehmen zu können, wird somit gegenüber dem möglichen Forderungsausfall des Arztes der Vorrang eingeräumt.

Ansprüche auf Ersatz der Kosten bereits erbrachter ärztlicher Leistungen können jedoch auch weiterhin gemäß § 850 Abs. 2 ZPO gepfändet werden.

mitgeteilt durch Ref. jur. Michelle Favier bei Rechtsanwälte Brüggemann & Hinners, Hamburg