Stellt die rechtsanwaltliche Vertretung im vorbereitenden Verfahren und im Hauptverfahren einer Bußgeldsache eine einheitliche Angelegenheit im Sinne des RVG dar? Die ADAC Rechtsschutz Versicherungs- AG sieht dies so und verweigert die zweifache Zahlung der Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen (Nr. 7002 VV RVG). Dabei beruft sie sich auf die „herrschende Rechtsprechung“, wonach in Bußgeldverfahren das vorbereitende Verfahren und das Hauptverfahren eine Angelegenheit darstellten, so dass die in Rede stehende Pauschale nur einmal geltend gemacht werden könne.

Die als Nachweis dieser Rechtsprechung von der Rechtsschutzversicherung angeführte Entscheidung des OLG Saarbrücken behandelt aber einen anderen Fall, nämlich ein Strafverfahren, das in ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren und in das anschließende gerichtliche Verfahren zu untergliedern ist. Das ebenfalls angeführte Urteil des AG München verweist lediglich auf die „überzeugenden Ausführungen“ des gleichen Beschlusses des OLG Saarbrücken, die „auf das Bußgeldverfahren sinngemäß Anwendung finden“, ohne argumentativ zu belegen, weshalb dies der Fall sein soll.

Diesen Entscheidungen stehen allerdings etliche Entscheidungen u. a. des AG Siegburg, die auf eine gleichlautende Entscheidung des LG Koblenz verweist, und ein Beschluss des AG Frankenberg- Eder entgegen. Diesen zufolge lege die systematische Trennung von behördlichem und gerichtlichem Verfahren in Bußgeldsachen im VV RVG bereits nahe, dass es sich um zwei verschiedene Angelegenheiten handelt. Auch sei das Bußgeldverfahren eher mit einer Verwaltungssache i. S. d. § 17 Nr. 1 RVG vergleichbar als mit einem Strafverfahren.

Letzlich bleibt also festzuhalten: Diese angeblich „herrschende Rechtsprechung“ ist wie aufgezeigt – und wie von der ADAC Rechtsschutz- Versicherungs- AG behauptet – gar nicht herrschend, sondern vielmehr uneinheitlich. Es lassen sich aus den aufgeführten Entscheidungen des AG Siegburg, des LG Koblenz und des AG Frankenberg- Eder sogar gute Argumente für die gegenteilige Auffassung herleiten, wonach es sich bei der Vertretung im vorbereitenden Verfahren und im Hauptverfahren einer Bußgeldsache um zwei verschiedene Angelegenheiten handelt. Letztlich bedarf es vermutlich zur abschließenden Klärung dieser Streitfrage einer höchtrichterlichen Rechtsprechung.

 

mitgeteilt von Rechtsanwalt Hinners, Rechtsanwälte Brüggemann & Hinners, Hamburg, nähere Informationen unter www.brueggemann-hinners.de, weitere Rechtsprechung zum Luftrecht www.luftrecht24.de

 

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