Das Bundesarbeitsgericht (Urt.v. 23.04.2008 – 2 AZR 1110/06) hatte wieder einmal einen Fall zu entscheiden, in dem es um die Frage der Rechtmäßigkeit einer betriebsbedingten Kündigung ging.

Der klagende Arbeitnehmer war bei der beklagten Arbeitgeberin bzw. bei deren Rechtsvorgängerin seit 1992 als bauleitender Monteur tätig. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten wurde 2004 von einer Unternehmensgruppe erworben.

Ende April 2005 traf die Geschäftsleitung der beklagten Arbeitgeberin sodann die Entscheidung, dass spätestens ab Juni 2005 keine Bauleitung im Montagebereich mehr durchzuführen sei und diese Aufgabe an andere Unternehmen, sei es an Fremdunternehmen oder auch an Unternehmen aus der Unternehmensgruppe S, vergeben werden sollte.

Der klagende Arbeitnehmer wurde sodann freigestellt und betriebsbedingt gekündigt. Hiergegen wehrte sich der Kläger mittels Kündigungsschutzklage. Vor dem Arbeitsgericht wurde der Klage zunächst stattgegeben, auf die Berufung der beklagten Arbeitgeberin wurde die Klage abgewiesen. 

Mit der Revision vor dem Bundesarbeitsgericht strebte der klagende Arbeitnehmer die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts an.

Das Bundesarbeitsgericht hat das klageabweisende Urteil des Landesarbeitsgerichts indes bestätigt und die Revision als unbegründet abgewiesen.

Das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei nicht sozial ungerechtfertigt, sondern durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, bestätigt. Der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger gründe sich auf den im April 2005 gefassten unternehmerischen Entschluss der beklagten Arbeitgeberin, keine eigenen bauleitenden Monteure mehr einzusetzen, sondern diese Aufgaben in Zukunft anderweitig zu vergeben.

Mit der im Kündigungsschreiben angekündigten Freistellung habe die Beklagte auch begonnen, diese unternehmerische Entscheidung umzusetzen. Die Stilllegungsabsicht sei auch ernsthaft gewesen, was ein Zeuge bestätigt habe.

Eine betriebsbedingte Kündigung könne insbesondere auch auf innerbetriebliche Umstände (Unternehmerentscheidungen) gestützt werden. Eine solche unternehmerische Organisationsentscheidung begründe ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG, wenn sie sich auf die Einsatzmöglichkeiten des gekündigten Arbeitnehmers auswirke.

Nach ständiger Rechtsprechung bestehe für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung die Vermutung, dass sie auch aus sachlichen Gründen erfolge und kein Rechtsmissbrauch vorliege.

Die Missbrauchskontrolle der unternehmerischen Entscheidung ziele weder darauf, dem Arbeitgeber organisatorische Vorgaben zu machen, noch dürfe sie dazu dienen, die Stichhaltigkeit der Erwägungen zu überprüfen, die den Arbeitgeber gerade zu dem von ihm gewählten Konzept geführt hätten. Es gehe allein um die Verhinderung von Missbrauch, etwa wenn ein Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb gedrängt würde oder etwa abstrakte Änderungen von Organisationsstrukturen ohne Änderung der realen Abläufe benutzt würden, um den Inhalt von Arbeitsverhältnissen zum Nachteil von Arbeitnehmern zu ändern.

Dieser Missbrauch liege vorliegend indes unstreitig nicht vor.

Des Weiteren liege auch keine anderweitige Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz im Konzern vor, was die Kündigung auch unwirksam gemacht hätte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates ist das Kündigungsschutzgesetz nicht konzernbezogen. Der Arbeitgeber ist daher vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem anderen Betrieb eines anderen Unternehmens unterzubringen.

Eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht bestehe ausnahmsweise nur dann, wenn sich ein anderes Konzernunternehmen ausdrücklich zur Übernahme des Arbeitnehmers bereit erklärt habe, sowie vor allem dann, wenn sich eine solche Verpflichtung unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag oder einer sonstigen vertraglichen Absprache oder der in der Vergangenheit geübten Praxis ergäbe.

Weiterhin sei Voraussetzung einer derartigen unternehmensübergreifenden Weiterbeschäftigungspflicht, dass das Beschäftigungsunternehmen einen bestimmenden Einfluss auf das vertragsschließende Unternehmen hinsichtlich der „Versetzung“ habe. Die Entscheidung darüber dürfe grundsätzlich nicht den zur Übernahme bereiten Unternehmen vorbehalten sein.

Im hier zu entscheidenden Fall war es weder so, dass sich ein Unternehmen der Unternehmensgruppe dazu verpflichtet hatte, den Arbeitnehmer zu übernehmen, noch war er zuvor bei einem anderen Unternehmen der Gruppe tätig. Auch enthielt der Arbeitsvertrag des klagenden Arbeitnehmers keine Verpflichtung, in anderen Unternehmen der Gruppe zu arbeiten.

Der bloße Umstand, dass die Gesellschafter der Konzern-Gruppe erheblichen Einfluss auch auf die beklagte Arbeitgeberin ausüben konnten, reiche nach dem BAG nicht aus.

Die eine betriebsbedingte Kündigung aussprechende Arbeitgeberin, die sich in einem Konzerngeflecht befindet, sollte daher vor Aussprache der betriebsbedingten Kündigung dringend überprüfen, ob der Arbeitsvertrag eine Regelung dergestalt enthält, dass der Arbeitnehmer etwa auch bei anderen Unternehmen der Konzern-Gruppe beschäftigt werden kann bzw. dieses in der Vergangenheit tatsächlich auch durchgeführt worden ist.

mitgeteilt durch Rechtsanwalt Jan Kröger, Rechtsanwälte Brüggemann & Hinners, Hamburg