Nach einem aktuellen BGH-Urteil vom 17.11.2010 (AZ: VIII ZR 90/10) kann ein Vermieter, der in einem Dreifamilienhaus zwei Wohnungen für sich selbst nutzt, den Mieter der dritten Wohnung nicht erleichtert nach § 573 a I BGB kündigen.

Der Vermieter ist Eigentümer eines Dreifamilienhauses, das er im Jahre 2006 erworben hatte. Zu dieser Zeit war eine Wohnung vermietet, die anderen beiden Wohnungen (Erdgeschoss-Wohnung und Souterrain-Wohnung) standen leer. Der Vermieter bezog die Erdgeschoss-Wohnung und begann auch die Souterrain-Räume zu nutzen, nämlich als Besucherzimmer, Bügel- und Arbeitszimmer. 

Er kündigte schließlich das Mietverhältnis des Mieters im Obergeschoss unter Berufung auf das erleichterte Kündigungsrecht des § 573 a I BGB, das da lautet:

„Ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen kann der Vermieter auch kündigen, ohne dass es eines berechtigten Interesses im Sinne des § 573 BGB bedarf. Die Kündigungsfrist verlängert sich in diesem Fall um drei Monate.“

Der Mieter hat sich gegen die Kündigung gewehrt und hierzu vorgetragen, dass das Haus nicht über zwei, sondern tatsächlich über drei Wohnungen verfügt. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Vermieter – wie im vorliegenden Fall – zwei dieser Wohnungen selbst nutzt.

Der BGH hat sich für den Mieter entschieden und die Kündigung für unwirksam erklärt. Nach Auffassung des BGH kommt es für die Einschätzung, ob ein Gebäude mehr als zwei Wohnungen im Sinne von § 573 a I BGB hat, auf die Verkehrsanschauung an. Eine Wohnung wird definiert als selbstständiger, räumlich und wirtschaftlich abgegrenzter Bereich, der eine eigenständige Haushaltsführung ermöglicht. Exakt dies war in den Souterrain-Räumlichkeiten des Hauses möglich. Es war eine kleine, zwar unattraktive, aber abgeschlossene Einliegerwohnung.

Damit hatte das Haus nicht – wie der Vermieter vorträgt – eine große Wohnung im Erdgeschoss mit daneben noch nutzbaren Räumen im Souterrain, sondern zwei abgeschlossene Wohnungen im Erdgeschoss und Souterrain sowie eine weitere Wohnung im ersten Obergeschoss (die des Mieters) und damit für das erleichterte Kündigungsrecht aus § 573 a I BGB genau eine Wohnung zu viel. Die Voraussetzungen der erleichterten Kündigung nach § 573 a I BGB waren mithin zu keiner Zeit erfüllt.

„Retten“ könnte sich der Vermieter allenfalls jetzt noch dadurch, dass er Erdgeschoss und Souterrain so umbaut, dass die Souterrain-Wohnung ihre Eigenständigkeit als Wohnung verliert, so dass das Haus dann insgesamt wirklich nur noch zwei Wohnungen hat. Ob dies dann zu einer Kündigung nach § 573 a I BGB genügt, ist allerdings sehr umstritten, denn der Mieter, der im Jahre 2004 eingezogen ist, als das Haus noch drei Wohnungen hatte, hat stets darauf vertraut, dass auf ihn das erleichterte Kündigungsrecht des § 573 a I BGB nicht anwendbar sein wird. Ob er in diesem Vertrauen schutzwürdig ist oder ob er die neue Situation gegen sich gelten lassen muss, ist umstritten. Der BGH hat die Frage im vorliegenden Fall nicht entscheiden müssen.

mitgeteilt durch Rechtsanwältin Martina Hinners, Rechtsanwälte Brüggemann & Hinners, Hamburg

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