Nach einem aktuellen BGH-Urteil vom 04.02.2015 zum Aktenzeichen VIII ZR 175/14 kann sich der Mieter gegen eine Kündigung wegen Zahlungsverzuges nicht damit verteidigen, dass öffentliche Stellen, wie z. B. das Jobcenter, rechtzeitig beantragte Leistungen nicht ausgezahlt haben. Im Einzelnen:

Der Mieter hatte beim Vermieter ab Dezember 2010 eine 140 m² große Wohnung gemietet, die Nettokaltmiete lag bei 1.100,00 € zuzüglich weiterer Nebenkosten.

Seit Oktober 2011 bezog der Mieter ALG II (Hartz IV). Seit Januar 2013 zahlte er an den Vermieter keine Miete mehr, sondern verbrauchte das ALG II für sich, obwohl er diese Beträge hätte weiterleiten müssen. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis daraufhin im April 2013 fristlos und erhob Räumungsklage. Anschließend gab das Jobcenter eine Verpflichtungserklärung ab und übernahm die rückständigen Mieten. Hierdurch wurde die fristlose Kündigung gem. § 569 BGB unwirksam.

Seit Juli 2013 war das Sozialamt für den Mieter zuständig. Er beantragte dort Sozialhilfe mit ergänzendem Wohngeld. Das Sozialamt lehnte diesen Antrag ab, so dass der Mieter gezwungen war, beim zuständigen Sozialgericht per einstweiliger Anordnung die Zahlungen der Mieten von September 2013 bis Juni 2014 zu erzwingen.

In der Zwischenzeit hatte der Vermieter am 12.03.2014 eine weitere fristlose Kündigung ausgebracht, weil inzwischen die Mieten für Oktober 2013 bis März 2014 fehlten.

Der Mieter ist der Auffassung, dass die zweite Kündigung vom 12.03.2014 nicht tragfähig ist, da er für den aufgelaufenen Mietrückstand nicht verantwortlich sei. Sein Antrag an das Sozialamt auf Zahlung von Sozialhilfe nebst Wohnungsgeld sei rechtmäßig gewesen und hätte vom Sozialamt zügiger und insbesondere positiv beschieden werden müssen. Dass dies nicht geschehen ist, sei nicht seine Schuld. Ein Zahlungsverzug im Sinne einer schuldhaften Nichtzahlung der Miete sei mithin nicht eingetreten, die Kündigung daher nicht tragfähig.

Der BGH sieht dies anders und gibt dem Vermieter recht. Er hat den Mieter zur Räumung der Wohnung verurteilt. Nach Auffassung des BGH steht dem Eintritt des Verzuges nicht entgegen, dass der Mieter eigentlich alles richtig gemacht und rechtzeitig Sozialhilfe beantragt hat. Zwar kommt ein Schuldner nur in Verzug, wenn er das Ausbleiben der Zahlung zu vertreten hat, doch gilt bei Geldschulden die Sonderregelung „Geld hat man zu haben“. Wirtschaftliche Schwierigkeiten befreien den Schuldner mithin auch dann nicht von den Folgen verspäteter Zahlung, wenn sie unverschuldet auftreten. Jedermann hat ohne Rücksicht auf ein Verschulden für seine finanzielle Leistungsfähigkeit zu sorgen und hierfür einzustehen.

Nach Auffassung des BGH gibt es bei einer fristlosen Kündigung, die auf Zahlungsverzug gestützt wird, auch keine Abwägung der Vermieter- bzw. Mieterinteressen gegeneinander. Die Fortsetzung des Mietverhältnisses ist dem Vermieter vielmehr in dem Augenblick unzumutbar geworden, sobald Zahlungsverzug in einer Höhe vorliegt, die eine fristlose Kündigung zulässt, vgl. § 543 II BGB. Der Schutz des säumigen Mieters ist – so der BGH – hinreichend dadurch gegeben, dass es die Schonfristregelung aus § 569 III BGB gibt.

mitgeteilt von Rechtsanwältin Martina Hinners, Rechtsanwälte Brüggemann & Hinners, Hamburg, nähere Informationen unter www.brueggemann-hinners.de

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