Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urt. v. 01.07.2007 – 2 AZR 710/05) hatte über die Frage zu entscheiden, ob eine betriebsbedingte Kündigung wirksam war.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt war der klagende Arbeitnehmer bei der beklagten Arbeitgeberin, einem Haushaltsgerätehersteller, zuletzt als Leiter der elektronischen Fertigungssteuerung beschäftigt.

Im Jahre 2002 kam es zwischen den Parteien zu Unstimmigkeiten, die in einer verhaltensbedingten fristlosen Kündigung des Arbeitnehmers und einer wenig später erklärten ordentlichen Kündigung mündeten.

Das in erster Instanz entscheidende Arbeitsgericht Mannheim hatte sowohl die außerordentliche fristlose Kündigung als auch die ordentliche Kündigung für unwirksam erklärt. 

Parallel hatte die beklagte Arbeitgeberin nach Ausspruch der fristlosen Kündigung dem klagenden Arbeitnehmer ein Hausverbot erteilt und auf dem Arbeitsplatz des Klägers einen anderen für Vertretungsfälle eingeplanten und eingearbeiteten Mitarbeiter zunächst übergangsweise, dann aber dauerhaft eingesetzt.

Mitte Juni 2003 kündigte die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer nach Anhörung des Betriebsrates sodann ordentlich aus betriebsbedingten Gründen und berief sich zur Begründung der Kündigung auf die durch die Rückkehr des Klägers (nach für unwirksam erklärter Kündigungen) entstandene Überbesetzung.

Der Kläger hat dann u. a. im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche betriebsbedingte Kündigung beendet worden sei.

Das Arbeitsgericht hatte die Klage zunächst abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hatte das Urteil aufgehoben und im Sinne des Klägers entschieden. Mit der Revision vor dem Bundesarbeitsgericht erstrebte die beklagte Arbeitgeberin die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Das Bundesarbeitsgericht hat diesbezüglich entschieden, dass die Revision keinen Erfolg haben könnte, da die Klage begründet sei.

Allgemein hat das Bundesarbeitsgericht hierzu zunächst ausgeführt, dass eine Kündigung aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt sei, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließe, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfalle. Nicht maßgeblich sei diesbezüglich, ob der konkrete Arbeitsplatz des Gekündigten, sondern, ob der Beschäftigungsbedarf im Tätigkeitsbereich des Gekündigten entfallen sei. Dabei komme es nach ständiger Rechtsprechung des Senates für die Beurteilung der sozialen Rechtfertigung einer Kündigung auf den Zeitpunkt des Kündigungszuganges an.

Die hier zu entscheidende betriebsbedingte Kündigung sei jedoch sozialwidrig.

Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass eine sozialwidrige Kündigung nämlich auch dann vorliege, wenn in dem für die Beurteilung für die Wirksamkeit der Kündigung maßgeblichen Kündigungszeitpunkt zwar keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer mehr bestehe, dem Arbeitgeber aber die Berufung auf das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglich aus den in § 162 I und II BGB normierten Rechtsgedanken verwehrt sei, weil er diesen Zustand selbst treuwidrig herbeigeführt habe.

Dieses hatte das Bundesarbeitsgericht bisher nur für Fälle entschieden, in denen der Arbeitgeber eine Beschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitsplatz treuwidrig vereitelt habe. Dieses müsse allerdings erst recht gelten, wenn die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit betroffen sei.

Grund hierfür sei, dass der in § 162 I und II BGB niedergelegte Rechtsgedanke als übergreifendes Rechtsprinzip allgemeine Bedeutung beanspruche: In aller Regel dürfe im Rechtsverkehr niemand aus einer von ihm selbst herbeigeführten objektiv rechtswidrigen Lage Vorteile ziehen.

Übertragen auf den hier zu entscheidenden Fall bedeutet dies:

Unstreitig war der Kläger bei der beklagten Arbeitgeberin seit 1998 auf seinem Arbeitsplatz mit einem weiteren Mitarbeiter beschäftigt. An der Besetzung dieses Arbeitsplatzes mit zwei Arbeitnehmern habe sich bis zum Ausspruch der hier streitgegenständlichen Kündigung nichts geändert. Der eigentliche Grund für die bei Ausspruch dieser Kündigung gegebene Überbesetzung liege demnach in der im Februar 2002 durch die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung entstandenen Vakanz.

Da diese Unwirksamkeit der verhaltensbedingten Kündigung rechtskräftig feststehe, stehe auch fest, dass die Vakanz von der beklagten Arbeitgeberin rechtswidrig herbeigeführt worden sei.

Die beklagte Arbeitgeberin könne sich diesbezüglich auch nicht darauf berufen, dass sie die im Jahre 2002 ausgesprochenen Kündigungen für wirksam hätte halten dürfen. Die Wirkungen eines rechtskräftigen Urteils könnten nämlich nicht dadurch beiseite geschoben werden, dass der Unterlegene geltend mache, er habe gewissermaßen im guten Gefühl des sicheren Sieges über den Streitgegenstand anderweitig verfügt.

mitgeteilt durch Rechtsanwalt Jan Kröger, Rechtsanwälte Brüggemann & Hinners, Hamburg