Nach dem Wortlaut des Gesetzes bestimmt sich das Maß des nachehelichen Unterhaltes nach den so genannten „ehelichen Lebensverhältnissen“. Die Rechtsprechung hierzu wurde aber mehr und mehr ausgedehnt, richterrechtlich hieß es schließlich, dass die „ehelichen Lebensverhältnisse“ auch nach der Scheidung noch immer „wandelbar“ sind und dass somit Umstände, die erst nach der Scheidung auftreten, gleichwohl die ehelichen Lebensverhältnisse und damit das Maß des Unterhaltes beeinflussen.

Namentlich war diese Rechtsprechung bezogen auf den Fall der Wiederverheiratung. Der Umstand der Wiederverheiratung wirkte sich unmittelbar aus auch auf das Maß des Unterhaltes. Die Gerichte sind nämlich davon ausgegangen, dass für die Bemessung des Unterhaltsbedarfes sowohl das Einkommen des geschiedenen Ehegatten, des Unterhaltspflichtigen als auch das Einkommen des neuen Ehegatten zusammen gezogen werden müsse und dieses dann durch drei geteilt wird (so genannte „Dreiteilung“).

Im Ergebnis führte dieses häufig dazu, dass der Unterhalt des geschiedenen Ehegatten geringer ausfiel als wenn man ihn streng nur an den „ehelichen Lebensverhältnissen“ bemessen würde.

Das Bundesverfassungsgericht (1 BvR 918/10) hat nun erklärt, dass die so genannte „Dreiteilung“ verfassungswidrig ist. Die Familiengerichte hätten die Kompetenz, das Recht auszulegen, deutlich überschritten. Sie hätten neue rechtliche Regelungen nur durch Richterspruch eingeführt, ohne dass es hierfür eine entsprechende gesetzliche Grundlage gibt.

Jetzt wird der Unterhaltsbedarf also wieder nur nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessen. Hierbei ist allerdings nach wie vor zu berücksichtigen, dass unter „ehelichen Lebensverhältnissen“ auch solche Umstände zu verstehen sind, die nur in der Ehe angelegt waren, die aber noch nicht eingetreten sind. Wenn man beispielsweise als Ingenieur in einem bestimmten Bereich tätig war, und wenn dieser Bereich innerhalb der Firma sehr expandiert, weil die Firma dort das meiste Geld verdient, dann sind die entsprechenden Gehaltssteigerungen natürlich auch bereits in der Ehe angelegt – es handelt sich um die selbe Tätigkeit.

Für Altfälle, in denen auf Grundlage der jetzt gekippten Rechtsprechung zu wenig Unterhalt zugesprochen wurde, ist eine Abänderung mit Wirkung für die Zukunft jederzeit möglich. Eine Änderung der Rechtsprechung ist nämlich stets ein anerkannter Grund für eine Abänderung von Unterhaltstiteln.

mitgeteilt durch Rechtsanwalt Rainer Frank, Rechtsanwälte Brüggemann & Hinners, Hamburg

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