Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 27.11.2024 einen Fall zu entscheiden, wo ein Flugkapitän Krankentagegeld i.H.v. 434,69 € pro Kalendertag für den Zeitraum nach Beendigung seiner Arbeitsunfähigkeit bis zum Ausstellen des Medicals geltend gemacht hat.
Der Versicherer hat eingewandt, dass eine Arbeitsunfähigkeit ja nicht mehr vorliegen würde, weil die Arbeitsunfähigkeit ärztlich nicht mehr festgestellt worden sei.
Der Kläger sei gesund gewesen, ihm habe lediglich das Tauglichkeitszeugnis gefehlt, das vom LBA (Luftfahrtbundesamt) noch nicht ausgestellt gewesen sei. Dies sei aber keine Arbeitsunfähigkeit in medizinischer Hinsicht, sondern es habe eben allein der zugrunde liegende Verwaltungsakt gefehlt.
Dem hat der BGH eine Absage erteilt. Es hat die Argumentation der Vorinstanz bestätigt, dass die zur Wiederaufnahme der Tätigkeit als Pilot erforderliche Tauglichkeit durch das Medical des Luftfahrt-Bundesamtes gleichzusetzen sei mit einer Arbeitsunfähigkeit im medizinischen Sinne.
Wenn nämlich der Pilot behördlicherseits keine attestierte Flugtauglichkeit habe, ist er eben arbeitsunfähig, wenn auch nicht medizinisch so doch praktisch.
Die dem entschiedenen Fall zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen seien entsprechend auszulegen.
Anmerkung:
Die Entscheidung betraf einen Vorgang aus dem Jahr 2017. Seinerzeit hatte das Luftfahrtbundesamt noch innerhalb von vier Wochen entschieden.
Aktuell benötigt das Luftfahrtbundesamt auch in einfachsten Fällen Monate.
Hier dürfte ein Amtshaftungsanspruch des Piloten bestehen, wenn einfache medizinische Sachverhalt erst Monate später entschieden werden. Dieser Amtshaftungsanspruch geht mit der Leistung des Krankentagegelds an den Versicherer über.
Piloten, die von den langsamen Entscheidungen des Luftfahrtbundesamtes betroffen sind haben oftmals eine hohe Hemmschwelle, das Luftfahrtbundesamt auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Es wäre zu begrüßen, wenn Versicherer, die eine solche Hemmschwelle nicht haben, das Luftfahrtbundesamt in Regress nehmen. Die Chancen, einen derartigen Amtshaftungsanspruch durchsetzen zu können, dürften häufig sehr gut sein.
mitgeteilt von Rechtsanwalt Stefan Hinners, Rechtsanwälte Brüggemann & Hinners, Hamburg
Fachanwalt Versicherungsrecht
öffentlich bestellter und vereidigter Gutachter für Flugbetrieb, Flugunfalluntersuchung Betriebsunterbrechungsschäden bei Luftfahrzeugen