Kinder haben gegen die Eltern einen Anspruch auf eine Ausbildung, die ihrer Begabung, ihren Fähigkeiten, dem Leistungswillen und beachtenswerten Neigungen entspricht und zugleich sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bewegt, §§ 1601, 1610 Abs. 2 BGB.

Wenn die Eltern ihrem Kind diese Ausbildung gewähren und den Lebensbedarf des Kindes während dieser Zeit gedeckt haben, besteht kein weiterer Anspruch auf Unterstützung während einer Zweitausbildung.

Da die Ausbildungen heute aber oft mehrstufig und mit gelegentlichen Wartezeiten auf Ausbildungs- oder Studienplätze verbunden sind, gibt es Ausnahmen: Eine der Ausnahmen ist: Wenn der weitere Ausbildungsschritt, z. B. das Studium nach der Lehre

  • in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zur ersten Ausbildung steht,
  • von vornherein angestrebt oder auch erst am Ende der Ausbildung gesehen wird, dass vorhandene Fähigkeiten in einem weiteren Ausbildungsschritt zu fördern sind, und
  • wenn die Finanzierung des weiteren Ausbildungsschritts für die Eltern zumutbar ist,

dann besteht auch weiterhin ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt.

Hinter dem letzten Kriterium steht die Überlegung, dass die Eltern wissen müssen, mit einer wie langen Ausbildung sie finanziell zu rechnen haben und ab wann sie Dispositionen über ihr Einkommen / Vermögen treffen können, ohne Berücksichtigung des Unterhalts.

Letzteres Kriterium macht es erforderlich, dass Kinder Kontakt zu ihren Eltern halten und diesen so früh wie möglich ihre Ausbildungspläne mitteilen. Fehlt eine solche Verständigung und wird irgendwann lapidar Geld verlangt, kann dieses zum Entfallen des Ausbildungsanspruchs gegen die Eltern führen. So hatte eine Tochter, die mit 16 Jahren zuletzt Kontakt zu ihrem Vater hatte, nach dem Abitur und einer Bewerbung um einen Medizinstudienplatz zur Überbrückung der Wartezeit eine medizintechnische Ausbildung gemacht. Ihrem Vater hatte sie von all diesem nichts erzählt und auch auf seinen Brief, in dem er seine Unterhaltseinstellung nach dem Abi ankündigte, es sei denn, sie brauche noch etwas, nie geantwortet. Als sie mit 26 das Medizinstudium antreten konnte, hatte sie keinen Anspruch gegen den Vater mehr auf Unterhalt – nicht, weil sie schon eine Ausbildung hatte oder etwa zu alt für Unterhalt wäre, nein, weil dem Vater ca. 7 Jahre nach dem Abi nicht mehr zumutbar war, die weitere Ausbildung zu finanzieren. Dieser hatte inzwischen, weil er glaubte, nicht wieder Unterhalt zahlen zu müssen, Kredite aufgenommen.

Hätte die Tochter auf den Brief des Vaters hin ihre Ausbildungspläne mitgeteilt, wäre dieses wahrscheinlich anders zu entscheiden gewesen (Fall nach BGH XII ZB 415/16, Urteil vom 03.05.2017).

 

mitgeteilt durch Rechtsanwältin Ulrike Kosin, Rechtsanwälte Brüggemann & Hinners, Hamburg, nähere Informationen unter www.brueggemann-hinners.de