Nach einem aktuellen Beschluss des BGH vom 09.06.2011 zum Az. V ZB 319/10 hat eine Bank zu Recht die Zwangsversteigerung verschiedener Grundstücke eines säumigen Schuldners fortgesetzt, obwohl dieser einen Tag vor dem Versteigerungstermin einen Selbstmordversuch unternommen hatte. Im Einzelnen:

Eine Bank hat als Gläubigerin die Grundstücke ihres säumigen Kunden versteigern lassen. Dabei musste sie bereits eine fünfmonatige Verzögerung der Zwangsversteigerung hinnehmen, weil der Schuldner erwirkt hatte, dass das Verfahren ausgesetzt wird. Er hatte eine Selbstgefährdung behauptet und vorgetragen, er würde sich das Leben nehmen, wenn sein Besitz versteigert wird. Die Einstellung der Zwangsversteigerung wurde dabei mit den Auflagen verbunden, dass sich der Schuldner stationär behandeln lässt, danach vom Landgerichtsarzt untersucht wird eine Betreuung einrichten lässt. Diesen Auflagen kam der Schuldner nicht nach.

Daraufhin wurde das Zwangsversteigerungsverfahren wieder fortgesetzt. Einen Tag vor dem geplanten Versteigerungstermin unternahm der Schuldner einen Suizidversuch und wurde daraufhin vom Gesundheitsamt in einem Krankenhaus untergebracht. Parallel fand der Versteigerungstermin trotzdem statt. Hiergegen erhebt der Schuldner Beschwerde.

Der BGH hat der versteigernden Bank Recht gegeben. Die Versteigerung der Grundstücke war rechtmäßig, der Zuschlag wirksam.

Zwar ist bei der Zwangsversteigerung der Schutz des Lebens des Schuldners zu berücksichtigen, doch sind gleichermaßen schutzwürdig auch die Interessen des Gläubigers an einer wirksamen Durchsetzung seiner titulierten Ansprüche. Das Vollstreckungsgericht hat dabei eine Abwägung zu treffen und muss insbesondere prüfen, ob die Gefahr einer Selbsttötung nicht auch anders als durch Einstellung der Zwangsversteigerung abgewendet werden kann, z.B. durch Ingewahrsamnahme des Gefährdeten.

Im hier vorliegenden Fall war ein solches Vorgehen tatsächlich möglich. Zwar hatte der Schuldner einen Selbstmordversuch unternommen, war aber vom Gesundheitsamt inzwischen in einem Krankenhaus untergebracht worden, so dass die Suizidgefahr zunächst gebannt war. Wenn daher die zuständige Behörde des suizidgefährdeten Schuldners schon Maßnahmen ergriffen hat, darf das Vollstreckungsgericht davon ausgehen, dass diese Maßnahmen genügen. Zusätzliche Maßnahmen hätte das Vollstreckungsgericht nur für den Fall ergreifen müssen, dass es konkrete zusätzliche Anhaltspunkte dafür gibt, dass die von der Behörde bereits ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen. Dies war hier nicht der Fall.

 

mitgeteilt durch Rechtsanwältin Martina Hinners, Rechtsanwälte Brüggemann & Hinners, Hamburg

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