Nach einem aktuellen BGH-Urteil vom 09.07.2014 zum Aktenzeichen VIII ZR 376/13 soll es für die Einordnung von Mischmietverhältnissen (Abgrenzung Wohnraum zu Gewerbe) künftig nicht mehr maßgeblich darauf ankommen, ob der Mieter in dem gewerblich betriebenen Mietteil seinen Lebensunterhalt verdient oder nicht.
Bisher hatte der BGH bei Mischmietverhältnissen (ein Teil der Räume wird privat zum Wohnen genutzt, der andere Teil gewerblich) für die Abgrenzung immer danach gefragt, ob der Mieter in den gewerblich genutzten Räumlichkeiten seinen Lebensunterhalt verdient. Tat er das, wurde das Mietverhältnis grundsätzlich als Gewerberaummietverhältnis angesehen, da das Verdienen des Lebensunterhaltes für den Mieter – so der BGH – zentraler Dreh- und Angelpunkt der Räume sei. Es kam daneben nach alter BGH-Rechtsprechung nicht mehr darauf an, welchen prozentualen Anteil die gewerbliche Nutzung im Verhältnis zur Wohnraumnutzung hatte oder welche Überschrift das Mietvertragsformular besaß.
Selbst wenn der Mieter nur 20 % der Fläche gewerblich nutzte oder der Mietvertrag ausdrücklich als Wohnraummietvertrag ausgestaltet war, änderte dies nichts an der oben geschilderten Einordnung.
Damit soll jetzt Schluss sein. Nach dem aktuellen BGH-Urteil reicht allein das Verdienen des Lebensunterhaltes nicht mehr, um aus dem Mischmietverhältnis ein Gewerberaummietverhältnis mit entsprechend leichterer Kündbarkeit zu machen.
Es müssen vielmehr andere zusätzliche Umstände hinzu kommen, die dafür sprechen, dass hier von den Parteien ein Gewerberaummietverhältnis gewollt war. Dies sei – so jetzt der BGH – künftig je nach Einzelfall zu entscheiden.
Im vorliegenden Fall hatte der Mieter Flächen über zwei Ebenen angemietet. Im Erdgeschoss betrieb er eine Hypnose-Praxis, im ersten Obergeschoss wohnte er. Das verwendete Vertragsformular war ein Formular für Wohnraummietverhältnisse, doch verdient der Mieter unstreitig mit der Hypnose-Praxis seinen Lebensunterhalt.
Der Vermieter hat das Mietverhältnis als Gewerberaummietverhältnis eingestuft und es mit gesetzlicher Frist gekündigt, da es keine feste Laufzeit hatte. Einen Kündigungsgrund gab er dabei nicht an.
Der Mieter hat der Kündigung widersprochen und vorgetragen, dass es sich um ein Wohnraummietverhältnis handelt, das ohne Begründung nicht einfach so gekündigt werden kann.
Der BGH hat dem Mieter recht gegeben und das Mietverhältnis tatsächlich als Wohnraummietverhältnis eingestuft. Mangels Kündigungsgrund (z. B. Eigenbedarf) war eine Beendigung des Mietverhältnisses daher hier nicht möglich.
Der BGH hat hier das erste Mal eine Abwägung getroffen und nicht nur danach gefragt, ob der Mieter mit dem gewerblich genutzten Teil seinen Lebensunterhalt verdient. Er hat sich vielmehr auch das Vertragsformular angeschaut und eine echte Einzelfallprüfung durchgeführt. Danach waren die gewerblich genutzten Flächen im Verhältnis zur privat genutzten Fläche viel kleiner, und auch das gewählte Vertragsformular für das Wohnraummietverhältnis spreche – so der BGH – eher für eine Einordnung als Wohnraummietverhältnis.
mitgeteilt von Rechtsanwältin Martina Hinners, Rechtsanwälte Brüggemann & Hinners, Hamburg, nähere Informationen unter www.brueggemann-hinners.de