Der BGH (vgl. Urteil vom 22.06.2010 – VI ZR 302/08) hatte wieder einmal einen Fall zu entscheiden, bei dem es um die Frage ging, ob sich der Geschädigte eines Verkehrsunfalles von der in Anspruch genommenen Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers hinsichtlich des Ersatzes der von ihm erlittenen Schäden bei der Abrechnung auf fiktiver Basis darauf verweisen lassen muss, dass er – der Geschädigte – nicht die Kosten einer markengebundenen Reparaturwerkstatt ersetzt verlangen könne, sondern nur denjenigen Betrag, den eine „freie Fachwerkstatt“ in Rechnung stellen würde.
Im vorliegenden Fall nahm der Kläger die beklagte Haftpflichtversicherung auf Ersatz restlichen Sachschadens aus einem Verkehrsunfall aus dem Sommer 2007 in Anspruch, bei dem sein Fahrzeug, ein zum Unfallzeitpunkt bereits mehr als 10 Jahre alter Audi Quattro mit einer Laufleistung von über 190.000 km, beschädigt wurde.
Die Haftung der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers stand dem Grunde nach nicht im Streit, diese hatte den Kläger jedoch darauf verwiesen, sie würde hier nur in Höhe des niedrigeren Stundenverrechnungssatzes einer nicht markengebundenen „freien Fachwerkstatt“ ersetzen.
Dieses stellt eine Maßnahme dar, derer sich nach den hiesigen Erfahrungen mittlerweile einige Haftpflichtversicherungen bedienen, um die Entschädigungsleistungen so gering wie möglich zu halten. Sie verweisen diesbezüglich häufig auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Oktober 2009 (VI ZR 53/09).
Hier hatte der BGH entschieden, dass der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nach § 254 II BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen „freien Fachwerkstatt“ verweisen dürfe, wenn er darlege und ggf. beweise, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur an markengebundenen Fachwerkstatt entspreche.
Der BGH hat als weitere Voraussetzung festgelegt, dass der Schädiger (im Bestreitensfalle) auch die Einwendung des Geschädigten widerlegen müsse, dass ihm – dem Geschädigten – eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar sei.
Im hier besprochenen Urteil hat der BGH den vorstehend geschuldeten Grundsatz ausdrücklich bestätigt.
So führt das Gericht in seinem Leitsatz aus, dass der Geschädigte dem Gebot der Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen genüge leiste und er sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 II Satz 1 BGB gezogenen Grenzen bewege, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde lege, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt habe.
Hinsichtlich der Frage, ob der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nach § 254 II BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen „freien Fachwerkstatt“ verweisen dürfe, käme es neben dem gleichen Qualitätsstandard der Reparatur auch darauf an, wie alt das Fahrzeug sei.
So hat der BGH nochmals seine oben stehende Meinung aus dem Urteil vom 20.10.2009 (VI ZR 53/09) bestätigt, dass eine Reparatur für einen Geschädigten in einer „freien Fachwerkstatt“ dann im Allgemeinen unzumutbar sei, wenn das beschädigte Fahrzeug im Unfallzeitpunkt nicht älter als drei Jahre sei.
In Fällen, in denen das Fahrzeug indes wesentlich älter ist – wie hier -, könne sich eine Unzumutbarkeit für den Geschädigten daraus ergeben, dass dieser sein Kraftfahrzeug bisher stets in der markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und auch reparieren lassen.
Im vorliegenden Falle hatte der Geschädigte vorgetragen, er habe das Fahrzeug in der Fachwerkstatt gekauft und auch immer nur dort reparieren und warten lassen. Da das Instanzengericht hier zuvor keine weiterführende Sachverhaltsaufklärung vorgenommen habe, verwies der BGH den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurück, damit dieses die insoweit erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Es bleibt aber festzuhalten, dass der BGH nochmals seine Rechtsprechung dahingehend bestätigt und konkretisiert hat, dass die pauschale Behauptung der Versicherer, sie könne eine günstigere aber vom Qualitätsstandard her gleichwertige „freie Fachwerkstatt“ angeben, so auch zukünftig nicht ausreichen wird, um sich aus der Regulierung zu „stehlen“.
mitgeteilt durch Rechtsanwalt Jan Kröger, Rechtsanwälte Brüggemann & Hinners, Hamburg