Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitnehmer, Vorstände, Geschäftsführer oder auch Selbständige vorübergehend im europäischen Ausland tätig werden. Wie die Rechtspraxis zeigt, wird dabei häufig übersehen, dass auch ein nur kurzfristiger Einsatz im europäischen Ausland mit zahlreichen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Folgen verbunden ist. Insbesondere erfordert eine auch nur kurze Erwerbstätigkeit im Ausland eine sog. A1-Bescheinigung, die grundsätzlich vor dem Einsatz zu beantragen ist. Im untenstehenden Dokument haben wir für Sie einmal die wichtigsten Fragestellungen zur A1-Bescheinigung bei Entsendung zusammengefasst.
Auch wer nur vorübergehend im europäischen Ausland arbeitet, unterliegt in der Regel weiterhin dem Sozialversicherungsrecht des Heimatlandes. Dies sollte man durch eine A1-Bescheinigung nachweisen können. Ob eine solche A1-Bescheinigung bei grenzüberschreitender Erwerbstätigkeit wirksam beantragt wurde bzw. vorliegt, wird aktuell in den Staaten, für die das A1-Verfahren gilt, kontrolliert.
Was ist eine A1-Bescheinigung?
Bei der A1-Bescheinigung handelt es sich um eine sozialrechtliche Bescheinigung für zeitweilige Erwerbstätigkeiten im EU-Ausland sowie den EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen sowie der Schweiz sowie im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland.
Warum wird eine A1-Bescheinigung benötigt?
In der Regel gelten für alle Personen die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen des Staates, in dem sie erwerbstätig sind. Sind diese Personen nur vorübergehend in einem Mitgliedsstaat der EU oder den EWR-Staaten Island, Liechtenstein, Norwegen sowie der Schweiz oder im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland tätig, gilt weiterhin das Recht des Entsendestaates.
Mit einer A1-Bescheinigung können die betroffenen Personen nachweisen, ob für sie das Recht des Entsendestaates oder die Vorschriften eines ausländischen Staates maßgebend sind.
Wer dauerhaft in mehreren Mitgliedsstaaten arbeitet, benötigt die A1-Beschienigung ebenfalls.
Wer braucht eine A1-Bescheinigung?
Die A1-Bescheinigung benötigen sowohl Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch Selbständige sowie verbeamtete Personen, wenn sie vorübergehend grenzüberschreitenden in einem der vorstehend genannten Staaten tätig sind.
Was bewirkt eine A1-Bescheinigung?
Eine A1-Bescheinigung dokumentiert und belegt, dass die Person, die grenzüberschreitend tätig ist, bereits im Entsendestaat sozialversichert ist und gehört damit zu den sozialrechtlichen Arbeitspapieren. Die A1-Bescheinigung ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nicht nur für den Träger des Mitgliedsstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird, sondern auch für die Gerichte dieses Mitgliedsstaats verbindlich (EuGH 6.9.2018 – C-527/16).
Wo wird eine A1-Bescheinigung beantragt?
Wo die A1-Bescheinigung zu beantragen ist, hängt davon ab, wie die betreffende Person krankenversichert ist.
- Im Falle der gesetzlichen Krankenversicherung: Die gesetzliche Krankenkasse ist zuständig, wenn die erwerbstätige Person in der gesetzlichen Krankenversicherung pflicht-, freiwillig- oder familienversichert ist. Gleiches gilt, wenn sie in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist und über eine private Zusatzversicherung verfügt.
- Im Falle einer privat krankenversicherten Person, die darüber hinaus Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung ist: In diesem Falle ist die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV) für die Erteilung der A1-Bescheinigung zuständig.
- Im Falle einer privat krankenversicherten Person, die nicht berufsständisch versorgt ist: Der Rentenversicherungsträger ist zuständig, wenn die erwerbstätige Person privat krankenversichert und nicht berufsständisch versorgt ist.
- Im Falle von Personen, die gewöhnlich in mehr als einem Mitgliedsstaat erwerbstätig sind: In diesem Falle wird der Antrag beim zuständigen Träger des Wohnstaates gestellt. Bei einem Wohnsitz in Deutschland ist das der GKV-Spitzenverband (Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland). Auf das Krankenversicherungsverhältnis kommt es bei Mehrfacherwerbstätigen nicht an.
Wer erhält die A1-Bescheinigung?
Auch wenn der Arbeitgeber die A1-Bescheinigung beantragt, so ist sie dem Arbeitnehmer auszuhändigen, der entsandt wird. Der erwerbstätige soll sie im Ausland auf entsprechende Nachfrage der dortigen Behörden vorlegen können.
Verbleibt die A1-Bescheinigung im Entsendungsfall jedoch etwa in der Personalabteilung des deutschen Stammbetriebs, so haftet der Arbeitgeber für deren Vorlage im Einzelfall und hat gegebenenfalls entstehende weitere Kosten zu tragen. Kommt der Arbeitnehmer im anderen Fall seiner Verwahrungspflicht nicht nach, gelten die allgemeinen Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung.
Die übrigen Arbeitspapiere verbleiben beim Arbeitgeber.
Was ist zu tun, wenn die A1-Bescheinigung bei Antritt der Erwerbstätigkeit noch nicht vorliegt?
Bei elektronisch gestellten Anträgen erhalten die antragstellenden Arbeitgeber, Dienstherren oder Selbständigen einen Antragsnachweis, der zur Dokumentation des Antrags dient.
Bei einer Entsendung nach Österreich: Hier empfiehlt es sich zusätzlich einen Nachweis über die Anmeldung zur Sozialversicherung in Deutschland mitzunehmen. Das kann im Zweifelsfalle auch eine frühere A1-Bescheinigung für eine Entsendung nach Österreich sein.
Bei Papieranträgen sollte die entsandte Person eine Kopie des Antrages mit sich führen.
Kann die A1-Bescheinigung widerrufen werden?
Hat ein (Sozialversicherungs-) Träger eine A1-Bescheinigung ausgestellt und stellt dieser nach einer von Amts wegen durchgeführten Überprüfung der Angaben fest, dass diese unrichtig sind, kann er die Bescheinigung ohne weiteres Verfahren oder Anhörung widerrufen.
Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Die Beantragung einer A1-Bescheinigung im konkreten Einzelfall ist mitbestimmungsfrei. Das gilt auch, wenn mehrere Arbeitnehmer gleichzeitig entsandt werden. Allein eine allgemein geltende Regelung des Beantragungsverfahrens dürfte der Mitbestimmung gemäß § 87 Abs. 1 Ziffer 1 BetrVG unterliegen. Mitbestimmungsrechte sind ebenfalls tangiert soweit es um die Entsendungsmaßnahme selbst geht. Hier ist insbesondere die Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten zu beachten (§§ 99 ff. BetrVG).
Was ist zu beachten, wenn ich Mitarbeiter beschäftige, die nach Deutschland entsandt wurden?
Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, die einen oder mehrere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Ausführung von Werk- oder Dienstleistungen nach Deutschland entsenden, haben verschiedene Regeln bezüglich der Anmeldung ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu beachten. Entsprechendes gilt für Verleiher mit Sitz im Ausland, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Ausführung von Werk- oder Dienstleistungen nach Deutschland entleihen.
Gemäß § 1 Verordnung über Meldepflichten nach dem Mindestlohngesetz (MiLoMeldV) sollen Arbeitgeber die Anmeldungen ihrer nach Deutschland entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Hilfe des Meldeportals-Mindestlohn online abgeben. Das gleiche gilt für Verleiher mit Sitz im Ausland, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Ausführung von Werk- oder Dienstleistungen nach Deutschland entleihen.
Sie erreichen das Meldeportal-Mindestlohn unter der Adresse:
www.meldeportal-mindestlohn.de
Weitere Informationen zum Einsatz von nach Deutschland entsandten Erwerbstätigen finden Sie auch im Internet unter folgender Adresse:
www.zoll.de
mitgeteilt durch Rechtsanwalt Nils Meurer, Rechtsanwälte Brüggemann & Hinners, Hamburg