Wir werden häufiger von Seiten der Mandanten – sei es von Seiten der Arbeitgeber oder von Seiten der Arbeitnehmer – gefragt, ob der Arbeitnehmer berechtigt ist, selbst zu entscheiden, was er am Arbeitsplatz trägt oder ob der Arbeitgeber ihm dieses vorschreiben darf.

Insbesondere kommt diese Frage in besonders heißen Sommern und unklimatisierten Büros auf, wenn nämlich gerade die männlichen Angestellten gern ihren Anzug los werden würden und statt dessen in kurzer Hose und T-Shirt am Arbeitsplatz erscheinen möchten. 

In diesem Zusammenhang ist auf eine gerade veröffentlichte, noch nicht rechtskräftige Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln (Beschluss vom 18.08.2010 – 3 TaBV 15/10) hinzuweisen. In diesem Verfahren ging es unter anderem um die Frage, ob in einem Betrieb der Arbeitgeber berechtigt ist, seinen weiblichen Arbeitnehmerinnen vorzuschreiben, dass diese nur einfarbigen Nagellack tragen dürften, die Länge der Fingernägel nicht mehr als 0,5 cm betragen dürfte und unter den Dienstblusen zwingend BH o.ä. in weiß oder hautfarben ohne Applikationen zu tragen hätten.

Zudem schrieb der Arbeitgeber seinen männlichen Angestellten vor, dass diese nur „natürliche“ Haarfarben zu tragen hätten, auf Haarteile verzichten müssten und zudem unter den Diensthemden zwingend T-Shirt oder Unterhemd zu tragen hätten.

Das Landesarbeitsgericht Köln hatte hier zu überprüfen, ob die Dienstvorschriften des Arbeitgebers die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte „allgemeine Handlungsfreiheit“ der Arbeitnehmer rechtswidrig beeinträchtigen würde.

Wie immer bei der Prüfung von Vorschriften auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz gilt der allgemeine Grundsatz, dass die getroffene Regelung geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung der gewährleisteten Freiheitsrechte angemessen sein muss, um den erstrebten Zweck (hier: Gewährleistung eines einheitlichen Bildes der Mitarbeiter des Arbeitgebers nach außen) zu erreichen.

Hinsichtlich der Fingernägel hat das Gericht folgendes entschieden:
Während die Farbe der Fingernägel offensichtlich ohne Bedeutung für ein einheitliches Erscheinungsbild sei und die entsprechende Vorschrift seitens des Arbeitgebers damit unwirksam sei, hat das Landesarbeitsgericht Köln die Vorschrift hinsichtlich der Länge der Fingernägel als rechtmäßig erachtet. Das Ziel der Regelung, eine Verletzungsgefahr bei der Kontrolle von Passagieren (hier ging es um Mitarbeiter des Sicherungsbereiches am Flughafen Köln/Bonn) zu vermeiden, sei verhältnismäßig und das modische Interesse der Mitarbeiterin am Tragen längerer Fingernägel müsse daher dahinter zurücktreten.

Dieses ist in sich schlüssig und dürfte auch einer etwaigen Prüfung durch das Bundesarbeitsgericht Stand halten.

Auch die Frage, ob der Arbeitgeber berechtigt ist, seinen Arbeitnehmern vorzuschreiben, dass diese unter ihrer Dienstkleidung Unterwäsche zu tragen hätten, was dieser damit rechtfertigte, dass damit eine längere Haltbarkeit der in seinem Eigentum stehenden Dienstbekleidung gewährleistet sei, hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis „durchgewunken“.

Das Gericht gründet seine Entscheidung maßgeblich darauf, dass das Ziel des Arbeitgebers, die Lebensdauer seiner Arbeitskleidung zu verlängern und den Arbeitnehmern vorzuschreiben, Unterwäsche zu tragen, nicht unverhältnismäßig sei. Der diesbezügliche Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Arbeitnehmer sei nicht so gravierend, so dass diese Vorrang vor dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers habe.

Gänzlich anders hat das Landesarbeitsgericht Köln aber in der Frage entschieden, ob die männlichen Mitarbeiter angewiesen werden dürften, bei Haarfärbungen lediglich natürlich wirkende Farben zu verwenden und keine künstlichen Haare oder Einflechtungen zu tragen. Diese Einschränkungen hat das Gericht als unverhältnismäßig verworfen.

Zu Recht weist das Gericht darauf hin, dass alle Mitarbeiter ohnehin unterschiedliche Haarfarben und Frisuren hätten, so dass bereits Zweifel an der Geeignetheit der Eingriffe durch den Arbeitgeber bestünden.

Des weiteren sei es aber in jedem Falle so, dass mit dieser Vorschrift in die unmittelbare körperliche Integrität der Mitarbeiter eingegriffen würde, ohne dass hierdurch eine Rechtfertigung durch den Zweck eines einheitlichen Erscheinungsbildes erfolge. Dies gelte insbesondere hinsichtlich des Verbotes des Tragens eines Haarteils, da dieses für das Selbstwertgefühl eines unter frühem Haarverlust leidenden Mitarbeiters von erheblicher Bedeutung sein könne und daher das Persönlichkeitsrecht dieses Mitarbeiters entscheidend tangiert sei.

Des weiteren sei es so, dass die Kunden sich nach Meinung des Gerichts ohnehin hauptsächlich an der einheitlichen Bekleidung orientierten, so dass diese unterschiedliche Frisuren oder Haarfarben überhaupt nicht wahrnehmen würden.

Es ist auch diesbezüglich davon auszugehen, dass das Bundesarbeitsgericht die Ausführungen des Gerichts nicht beanstanden wird.

Alles in allem ist aus dem Urteil aber abzuleiten, dass der Arbeitgeber in engen Grenzen berechtigt sein dürfte, seinen Arbeitnehmern Vorschriften hinsichtlich der Dienstkleidung etc. zu machen. Er wird sich bei solchen Anweisungen aber regelmäßig von der Frage leiten lassen müssen, ob die von ihm – aus seiner Sicht durchaus berechtigten – beabsichtigten Ziele durch die von ihm beschlossenen Maßnahmen überhaupt zu erreichen sind. Er wird sich dabei stets im Einzelfall sehr genau überlegen müssen, ob nicht andere, mildere Maßnahmen in Frage kommen.

mitgeteilt durch Rechtsanwalt Jan Kröger, Rechtsanwälte Brüggemann & Hinners, Hamburg